Besucherchroniken und Postkarten von Anno Dazumal
Badehotel - Georg Wilhelm Haus - Fürstenhof - eine kleine Chronik - incl. der seinerzeit üblichen Schreibweisen
Nach der Inflationszeit wurden die alten Logierhäuser, der alte Kursaal, das Restaurationsgebäude, die Colonnaden (Herminen-Haus) abgerissen. Die Säulen des Kursaals sind uns erhalten geblieben. Sie wurden auf mit Stroh gepolsterten Wagen abgefahren und im Steingarten wieder aufgestellt als Zierde des Kurgartens.
Neu errichtete wurde das große Badehotel und die Konzert- und Theatersaal- bauten. 1926 wurden die neuen Prachtbauten dem Verkehr übergeben. Das Hotel enthält 90 Zimmer mit 130 Betten, es wurde mit allem Komfort der Neuzeit eingerichtet, war auch besonders für die Wintersaison eingerichtet mit dort möglichen Schwefel- und Schlammbehandlungen.
Bad Eilsen hatte einen modernen Aspekt durch die völlige Umgestaltung gewonnen und wurde erneut zum Anziehungspunkt für viele hohe Gäste. Nachdem auch der Georgenbrunnen eine neue Brunnenstube erhalten hatte, konnte das Bad in neuem Glanze eröffnet werden. Und zwar geschah das am 1. Mai 1926 mit einem Hausball im Fürstenhof. Am 17. Mai 1926 fand der Deutsche Juristentag statt. m9. Juni 1926 tagte der Verein zur Erhaltung deutscher Burgen im Orte. Auch als Freilichttheater war eröffnet worden und spielte Medea. m 17. Juni 1926 wurde eine Modenschau durchgeführt.
Am 26. Juni erfreute die erste Stellungnahme der Presse: „Herrlich große Bauten, wunderbar der Aufenthalt in Eilsen. Es steht dem größten und modernsten Bad nicht nach. Früher an Regentagen Frieren und Traurigsein, man verbarrikadierte sich verärgert und verdrießlich in seinem dumpfigen Hotelzimmer.
Heute anders, schöne, gemütliche Hotelzimmer mit allem Komfort, Zentralheizung, Warmwasser. Hohe und luftige Räume mit großen Fenstern. Einzigartiger Reiz der Umgebung auch bei Regentagen, schöner, begehrenswerter Ort!
Man erhält dort eine Behandlung, die die Trübsal vergessen macht. Immer findet sich Abwechselung, Anregung auf künstlerischem und geistigen Gebiet, in Eilsen gibt es keine trüben Tage mehr!"
„Ehrwürdig und breit steht das alte Georg-Wilhelm-Haus, das in sehr vornehmer Haltung den Geist an das Althergebrachte verkörpert und selbstsicher in die neue Überall Blumen und prachtvolle Beete, Palmenarrangements, Wunderwerke an Zeit hereinragt.
Schönheit und Lieblichkeit. Eilsen müßte aus seinem Dornröschenschlaf auf- geweckt werden." (Landeszeitung) Der Konzertsaal, ein Theatersaal standen kurz vor der Vollendung, ein neuer Musikpavillon war fertiggestellt, an der Aue waren Unterstellräume für 60 Autos entstanden, aber auch Chauffeurwohnungen.
Am Haupteingang des Fürstenhofes waren zwei stattliche Laternen errichtet worden. Die Jägerstuben im Badehotel wurden zum beliebten Treffpunkt der Kurgäste. Am 15. Juli 1926 waren auch die letzten Bauten fertiggestellt. Das Theater wurde eingeweiht mit einem gefühlvollen Prolog", anschließend wurde die „Fledermaus" gegeben.
Der Kursaal konnte 1200 Personen fassen, am 17. Juli 1926 Eröffnungskonzert mit der Hebriden-Ouverture von Mendelssohn, dem Vorspiel zum Parsival von Wagner, Melodien von Grieg und dem Violinkonzert von Bruch.
Am 19. Juli 1926 zum ersten Male in Eilsen ein Wettbewerb, so wie er jetzt jährlich durchgeführt wird. Prämiert wurde der Blumenschmuck an Fenstern, Balkonen, Hauseingängen und Vorgärten. Inzwischen war auch die Bückeburger Straße asphaltiert worden, die erhebliche Staubentwicklung sollte aufhören. Am 26. August 1926 folgte noch ein Symphoniekonzert, und man war begeistert von der Klangwirkung. 1925: 2847 Kurgäste, 1414 Passanten, 22 647 Bäder 1926: 3023 Kurgäste, 1506 Passanten, 24 412 Bäder
Am 7. und 8. Mai 1927 wurde ein Wirtschafts- und Verkehrstag abgehalten. Dr. Stresemann sprach damals als Vorsitzender zur Versammlung und gedachte in anerkennenden Worten des Bades Eilsen und sprach seine Freude über den glänzenden Aufschwung des Bades aus. Abends dann große Tafel mit 800 Personen, alle Räumlichkeiten und Galerien waren in Anspruch genommen. Ab- schließend Feuerwerk und Tanz. (Landeszeitung)
Am 12. September 1927 wurde der Tanz im Freien vor dem Fürstenhof ein- geführt: „Die Bäder wirken gut, man sieht manchen Herren, der mit Zipperlein behaftet war, frisch und elastisch tanzen!" Von der Kurdirektion wurde dafür gesorgt, daß in Eilsen auch immer etwas los war, und es wurde dann schon zum Schlagwort: „Auf nach Eilsen!"
Wenn auch Ende September die Kursaison ihr Ende fand, so fanden auch in den Wintermonaten Kaffeekonzerte in Eilsen statt, und es wurde absolut angenommen, „daß der Ort auch im Winter Mittelpunkt werde, wenn sich sonntags dort die Familien der Umgebung vereinigten, um frohe Stunden zu verleben".
Die Zahl der Kurgäste nahm weiter zu, man war um alles sehr besorgt, auf dem Bahnhof Bückeburg mußte stets ein Krankenfahrstuhl bereitstehen. 1927: 3700 Kurgäste, 3800 Passanten, 40 000 Bäder
Wohnung und Verpflegung im Ort
Aus einem zeitgenössischen Aufsatz.
In den unter Verwaltung des Bade-Kommissariats stehenden herrschaftlichen Logierhäusern, nämlich: grosses Logierhaus, kleines Logierhaus, Colonnaden und Badehaus, welche sämtlich Wasserleitung und Spülklosets haben, sind etwa 170 gut eingerichtete Zimmer, von denen eine grössere Zahl mit Balkon versehen sind, im Preise von 1 Mk. bis 4,30 Mk. einschliesslich Service zum Vermieten an Kurgäste vorhanden.
Die herrschaftlichen Logierhäuser liegen in unmittelbarer Nähe der Badehäuser und sind daher den Kurgästen, namentlich denen, welchen das Gehen schwer fällt, besonders zu empfehlen.
Der feste Mietpreis eines jeden Zimmers ist auf einer in demselben befindlichen Tafel verzeichnet und ist in diesem Preise die Gebühr für Reinigung und Instandhaltung des Zimmers mit einbegriffen. Es ist daher den im herrschaftlichen Dienste stehenden Hausmädchen streng untersagt, hierfür noch besondere Trinkgelder anzunehmen.
Zu Anfang und Ende der Saison und zwar vom 15.-31. Mai und vom 1.-15. September ermässigt sich der Mietpreis um etwa 20%. Bei Benutzung des Zimmers durch mehr als eine Person wird die Miete selbst nicht erhöht, dagegen sind für ein zweites bezw. jedes weitere Bett täglich 60 Pfg. zu entrichten.
Passanten zahlen bei Benutzung des Zimmers bis zu 3 Tagen als Besuch bei Kurgästen einen ein- maligen Zuschlag von 50 Pfg., als durchreisende Fremde einen Zuschlag von 50, zum Mietpreise, sind dafür aber von Zahlung der Kurabgabe befreit. Die persönliche Bedienung der Kurgäste liegt in den herrschaftlichen Logierhäusern den Portiers und deren Dienstboten ob. Die Portiers haben das Recht, für Reinigung der Kleider und des Schuhwerks, wenn diese Arbeit ihnen übertragen wird, eine vom Bade-Kommissariate festgesetzte Gebühr zu er- heben. Ebenso dürfen die Portiers den Fremden auf Wunsch das Frühstück und das Abendessen, jedoch nur Kaffee, Thee, Kakao und Schokolade nebst Back- werk, Brot und Butter, sowie kalten Aufschnitt und Eier zu einem vom Bade-Kommissariate festgesetzten Preise liefern. Der Kurgast ist jedoch nicht verpflichtet, sein Frühstück u. s. w. von den Portiers zu beziehen, sondern kann sich dasselbe auch vom herrschaftlichen Restaurateur liefern lassen, welch' letzerer auch allein die Berechtigung hat, den Gästen warme Speisen in die Logierhäuser zu liefern.
Das Mittagessen kann der Kurgast ganz nach Belieben im herrschaftlichen Restaurant oder in einem der Wirtshäuser einnehmen. Im herrschaftlichen Restaurant wird das Mittagessen gewöhnlich an gemeinschaftlicher Tafel eingenommen, auf Wunsch aber auch zu besonders verabredeten Preisen einzeln serviert, beziehungsweise auf die Zimmer geliefert. Der Pächter der herrschaftlichen Restauration, der einen guten Mittags- und Abendtisch führt, liefert im Abonnement ein kleines Diner für 1,75 M., ein grösseres für 2,50 M. ohne Weinzwang, das Abendessen nach der Karte.
Neben den herrschaftlichen Logierhäusern besteht in Eilsen eine grosse Zahl von Hôtels, Gast- und Privathäusern, in denen Kurgäste teils mit, teils ohne. volle Beköstigung Aufnahme finden können.
Vorausbestellungen auf Wohnungen in den herrschaftlichen Logierhäusern sind am besten an das Bade-Kommissariat (während der Kurzeit in Eilsen, ausserhalb derselben in Bückeburg) zu richten, und gebe man, wenn nicht bestimmte Zimmer bezeichnet. werden können, möglichst die gewünschte Lage, z. B. zu ebener Erde oder 1. bezw. 2. Etage, die Zahl der Personen, sowie den Preis, zu dem die Wohnung gewünscht wird, an. Fremde, denen die herrschaftlichen Logierhäuser bekannt sind, können ihre Bestellung auch direkt an den betreffenden Portier richten.
Solchen Badegästen, welche zum ersten Male nach Eilsen kommen und denen die dortigen Wohnungsverhältnisse nicht bekannt sind, wird Zur gefälligen Beachtung mitgeteilt, dass zu den Personen-Zügen auf dem Bahnhofe in Eilsen aus den herrschaftlichen Logierhäusern je ein Hausdiener (an einer Dienstmütze mit Messingschild kenntlich) an- wesend sein wird, um über die Wohnungsverhältnisse, Preise u. s. w. in den Logierhäusern Auskunft zu geben und das Gepäck der Kurgäste dorthin zu befördern.
Es wird weiter darauf aufmerksam gemacht, dass nicht nur auf dem Bahnhofe in Eilsen, sondern auch schon auf den Bahnhöfen in Bückeburg u. Stadthagen von Lohnkutschern und Privat-Personen häufig Wohnungen angepriesen werden. Mit Rücksicht auf vielfach laut gewordene Klagen über die auf diese Empfehlungen hin gemieteten Wohnungen, besonders über deren oft weite Entfernung von den Badehäusern, wird den Fremden empfohlen, diesen Anpreisungen kein Gehör zu geben, sondern sich die Verhältnisse in Eilsen zunächst selbst anzusehen. Jede diesbezügliche Auskunft, auch über Wohnung in den Privathäusern usw. wird im Bureau des Bade-Kommissariats bereitwilligst erteilt.